
PERSÖNLICHE
BIOGRAFIE
Dass ich Cellist geworden bin, ist kein Zufall. Obwohl ich mir zunächst nicht das Instrument gewählt habe, sondern den Lehrer: Edwin Koch, bei dem meine 6 Jahre ältere Schwester bereits Unterricht nahm. Es stand für mich außer Frage: wenn ein Instrument lernen, dann bei dem geduldig-liebevollen ehemaligen Solocellisten des NDR Sinfonieorchesters. Einen besseren Lehrer für mich als Anfänger konnte ich mir nicht denken, und als mit 15 Jahren für mich der Zeitpunkt gekommen schien, den Schritt an die Musikhochschule zu wagen, schmerzte es mich, obwohl ich voller positiver Erwartungen war. Diese wurden weit übertroffen, denn Troels Svane, der Cellist des hervorragenden Kopenhagen Trio, erschloss mir eine neue reiche Welt, meinen Ton zu formen und damit die Musik zu gestalten.
Während meines Studiums hatte ich das Glück, bei außergewöhnlichen Lehrern wie Peter Bruns, Friedwart Dittmann oder Wolfgang Emanuel Schmidt lernen zu dürfen.
Zwei Künstler nehmen in meiner Biografie einen ganz besonderen Stellenwert ein. Zum einen ist Konstantin Heidrich, der Cellist des grandiosen Fauré Klavierquartetts, zu nennen. Er hat mir auf allen Gebieten des Musikerdaseins die entscheidenden Dinge vermittelt. Meine Leidenschaft für die Musik nahm er ernst, ließ sie wachsen, weckte gleichzeitig aber auch die Freude am harten Arbeiten und an der Detailverliebtheit. Er gab mir die nötigen Mittel an die Hand, mich nicht mit dem Erreichten zufrieden geben zu müssen, sondern weiter zu suchen und auch zu finden. Konstantin Heidrich bleibt stets der "kleine Mann" in meinem Ohr, der mich beim Musizieren unaufhörlich, hartnäckig, sehr amüsant, in jedem Fall aber höchst wirkungsvoll kommentiert.
Auch Steven Isserlis möchte ich besonders herausstellen. Seine Aufnahmen und Konzerte haben mich so sehr beeinflusst wie es ein Lehrer kaum stärker vermag. Seine musikalische Eleganz, sein Klangideal, der unbedingte kompromisslose Ausdruckswille und die über all dem stehende Ernsthaftigkeit im Umgang mit der Musik suchen heutzutage ihresgleichen. Diese Attribute sind auch mir in der Musik gleichermaßen die höchsten Ideale, weshalb Isserlis seit meinen Kindertagen ungebrochen mein stärkstes Vorbild ist und bleibt.
Begeistert nahm ich immer wieder an Meisterkursen teil, auch wenn man bei diesen Kursen nur wenige Unterrichtsstunden bekommt, konnte ich persönlich wesentliche Impulse von vielen der größten Cellisten unserer Zeit aufnehmen. Beispielhaft seien hier die wenigen Stunden mit Bernard Greenhouse, dem Gründungscellisten des unübertroffenen Beaux Arts Trio genannt, die eine unerwartet überwältigende Wirkung auf mich hatten. Als ich ihm das letzte Mal vorspielte, fing der schon weit über 90 Jahre alte Casals-Schüler aus heiterem Himmel an, den "Gesang der Vögel" zu spielen, eben jenes katalanische Volkslied, das der unsterbliche Pablo Casals fast in jedem Konzert zugab. Durch den Zeitzeugen Greenhouse war der Geist einer der wichtigsten Cellisten kurz lebendig geworden - ein unglaublich magischer Moment! – Eine direkte, fühlbare Verbindung durch die Zeiten, zu einer Legende, die für das Cello ähnlich wichtig war wie Anton Kraft oder Luigi Boccherini.
Nicht wenige solcher Eindrücke haben mich in diversen Begegnungen mit großen Künstlern geprägt und so, denke ich, näher an das Wesen der Musik herangeführt.
Das Schöne am Beruf des Musikers sind nicht zuletzt die so unfassbar unterschiedlichen Betätigungsfelder: Orchesterspiel, solistisches Konzertieren, Kammermusik oder auch das Lehren - die Möglichkeiten sind gigantisch, und für mich ist eine ausgewogene Mischung am befriedigendsten. Auch die verschiedenen Epochen benötigen extrem unterschiedliche Spieltechniken und Wissen um die Stilistik. Mit dem Barockcello, Barockbogen und der Musik dieser Epoche beschäftige ich mich seit langem mit großer Freude. Seit meinem Studium habe ich quasi durchgängig in Orchestern gespielt; sehr viel konnte ich in meinen Jahren in der Staatskapelle Dresden, dem Staatsorchester Kassel oder bei den Hamburger Philharmonikern lernen und erfahren.
Der Wunsch, verstärkt Kammermusik zu machen, ergriff schon im Studium auf unwiderstehliche Weise von mir Besitz. Das Miteinander in kleinen Kammermusikformationen ist einerseits existenziell, andererseits muss sich jeder solistisch präsentieren. Zudem ist die Literatur so überreich und fantastisch, in einer einzigartigen Melange an Intimität und Extrovertiertheit, dass ich in der Kammermusik mein Wesen am stärksten entfalten kann.
Eine besondere Herausforderung der letzten Zeit ist die Beschäftigung mit der Literatur für Violoncello allein. Ich genieße die Freiheit, kompromisslos meine eigene Vorstellung umsetzen zu können, genauso wie die alleinige Verantwortung im Konzert zu schultern. Ganz besonders im Fokus sind hier die 6 Suiten von Johann Sebastian Bach, mit denen ich mich seit Jahren intensiv beschäftige. Diese Musik im Konzert oder auch nur für mich allein zu
spielen, gehört wie das Essen und Schlafen zu meinen Tagen dazu, und ich betrachte sie als täglich notwendige Hygiene für meine Seele. Besonders wichtig ist mir das Projekt "Préludes" in dem die sechs Präludien der Suiten ihre eigene Geschichte erzählen.
Auch die 12 Capricen von Alfredo Piatti oder die 11 Capricen von Joseph Marie Clément Ferdinand Dall'Abaco sowie einige der 24 Capricen von Niccolò Paganini, ursprünglich für Violine, bereiten mir aufgrund ihrer Form unheimliche Freude - ist doch das Capriccio die freieste Form überhaupt. Hier kann sich meine Fantasie vollends und guten Gewissens austoben.
Auch ist es mir ein Bedürfnis, über meinen musikalischen Tellerrand hinaus zu schauen, und mich als "klassischer Musiker" nicht einzuengen. Seit längerem glaube ich, dass wir es uns mit der klaren Abgrenzung zu einer vermeintlichen "U-Musik" und einem damit verbundenen elitären und publikumsfernen Selbstbild unnötig schwer machen. Zwei Projekte liegen mir hierbei besonders am Herzen: Mit dem Ensemble Nueva Pasión entdecke ich zusammen mit meinen Kollegen ständig neue Perlen der südamerikanischen Kunstmusik – allen voran die Musik Astor Piazzollas – aber dieser Kontinent präsentiert sich uns als musikalisch weitgehend unerschlossen, und so gibt es für uns Europäer noch so vieles zu entdecken.
Ein weiteres Projekt sind die "Fitzgeralds", Konzertprogramme mit dem Akkordeonisten Michael Herm: In unseren "Crossunder" Programmen musizieren wir uns ganz selbstverständlich durch mehrere Jahrhunderte der gehobenen Unterhaltungs-, Jazz- und Popmusik, unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Swingmusik der 20ger und 30ger Jahre.